
Auf der Pirsch während der Bündner Hochjagd
Jeden September zieht es rund 5500 Jägerinnen und Jäger auf die Bündner Hochjagd. Neben traditionellem Wild, wie Hirschen und Rehen, dürfen sie dieses Jahr auch erstmals Wölfe regulieren. Doch der Weg zum erfolgreichen Abschuss ist steinig und verlangt neben der richtigen Ausrüstung auch viel Geduld und Können. Wir werfen einen Blick auf die Herausforderungen und die Faszination, die hinter der Jagd stecken.
In diesem Jahr beginnt die Bündner Hochjagd am 2. September. Für die rund 5500 Jägerinnen und Jäger heisst es dann: ab auf die Pirsch! So auch für meinen Vater Marco Schnider. Er geht seit über 30 Jahren auf die Jagd und hat mich ein wenig ins „Jägerlatein“ eingeführt.
Gejagt werden dürfen im Kanton Graubünden Hirsche, Rehe und Gämse, Wildschweine, Murmeltiere, Füchse, Dachse, Waschbären und Marderhunde. Welche Tiere erlaubt sind und welche nicht, hat das Amt für Jagd und Fischerei in den Jagdbetriebsvorschriften festgehalten. „Die musst du als Jäger kennen“, sagt Schnider. Dort ist auch festgehalten, an welchen Tagen und in welchen Gebieten gejagt werden darf.
Jägerinnen und Jäger dürfen auch auf Wölfe schiessen
Das aussergewöhnliche in diesem Jahr: Erstmals dürfen gut 2700 aller Bündner Jägerinnen und Jäger während der Bündner Hochjagd mithelfen, Wölfe zu regulieren. Sie alle haben im Sommer einen entsprechenden Instruktionskurs des Bündner Amts für Jagd und Fischerei besucht. Auch Schnider hat einen solchen Kurs besucht, auch wenn in seinem Jagdgebiet gar keine Wölfe zum Abschuss freigegeben sind.

Konkret betrifft dies die Wölfe der Rudel Vorab, Lenzerhorn und Fuorn sowie zwei Einzeltiere im Puschlav und im Beveringebiet. Jägerinnen und Jäger in den Streifgebieten dieser Rudel dürfen neben den anderen Wildtieren auch auf Wölfe schiessen.
Auf die Ausrüstung kommt es an
Aber zurück zur Bündner Hochjagd: Damit Jägerinnen und Jäger Chancen auf eine erfolgreiche Jagd haben, brauchen sie die richtige Ausrüstung. Wie Schnider erklärt, gehört dazu passende Kleidung. "Sie muss vor Wind und Wetter schützen, sowie leise sein, um das Wild nicht zu vertreiben." Zudem ist die Kleidung in Farben gehalten, welche gute Tarnung im Wald bieten und die Farbe Orange darf nicht fehlen. "So ist man für andere Jägerinnen und Jäger im Wald gut sichtbar."

Dann braucht ein Jäger oder eine Jägerin ein Gewehr. Hier gibt es verschiedene Arten von Gewehren. Ein gutes Gewehr alleine führt selten zu einem erfolgreichen Abschuss. "Eine gute Optik beziehungsweise ein gutes Zielfernrohr ist genauso wichtig", führt Schnider aus.

Und was wäre ein Gewehr ohne Munition? Auch diese ist für ein Jäger oder eine Jägerin unverzichtbar. Speziell im Kanton Graubünden: Jagdgewehre dürfen kein Magazin haben. Das heisst: "Jägerinnen und Jäger können jeweils nur eine Patrone in ihr Gewehr laden", erklärt der 56-Jährige.

Weitere gern gesehene Hilfsmittel von Jägerinnen und Jägern sind ein Feldstecher, ein Fernrohr, eine Wärmebildkamera sowie ein gut gefüllter Rucksack mit Proviant. "Zu gefüllt darf er aber nicht sein", gibt Schnider zu Bedenken. Schliesslich lastet der Rucksack während der Jagd ja ständig auf den Schultern.




Die Jagd muss man sich verdienen
Eine gute Ausrüstung alleine reicht jedoch nicht. Auf die Jagd darf nur, wer die entsprechende Ausbildung und Prüfung absolviert hat. Diese Ausbildung dauert im Schnitt eineinhalb bis zwei Jahre und umfasst theoretische und praktische Module, wobei der Umgang mit Waffen und Praxisübungen im Vordergrund stehen. Schnider hat die Jagdprüfung im Jahr 1991 absolviert und war seither fast jedes Jahr auf der Jagd.

Wer die Jagdprüfung besteht, ist befähigt, auf die Jagd zu gehen. Nun fehlt nur noch das Jagdpatent. Dieses müssen Jägerinnen und Jäger jeweils vor der Jagd kaufen und Schnider hält fest: "Das Patent müssen Jägerinnen und Jäger immer dabei haben."
Schon gewusst? Der Preis des Jagdpatents unterscheidet sich je nach Wohnort stark:
Und nun ab auf die Pirsch
Um wirklich zu erfahren, wie die Bündner Hochjagd abläuft, empfiehlt es sich einen Jäger oder eine Jägerin für einige Stunden zu begleiten. Dies habe ich gemacht und meine Erlebnisse in einer Audio-Reportage festgehalten.

Die Faszination hinter der Jagd
Wir halten fest: Wer auf die Jagd will, braucht zum einen eine gute Ausrüstung, welche übrigens nicht ganz günstig ist. Gemäss Schnider kostet nur schon die Grundausrüstung zwischen 15'000 bis 16'000 Franken. Zum anderen gilt es eine mehrjährige Ausbildung zu absolvieren. Und während der Jagd braucht man sehr viel Geduld und vor allem Glück.
Was treibt Menschen an, auf die Jagd zu gehen und sich stundenlang im Wald zu verstecken oder durch Täler zu laufen? Dies bei teils eisigen Temperaturen und Regen und ohne garantierte Aussicht auf Erfolg? Marco Schnider und seine Jagdkollegen geben Auskunft.
Marco Schnider, 56 Jahre
Philipp Schnider, 29 Jahre
Christoph Schnider, 52 Jahre
Röbi Schnider, 56 Jahre
Giancarlo Janka, 22 Jahre
Übrigens: Nur einen Tag nachdem ich die fünf Jäger auf der Pirsch begleiten durfte, lief ihnen eine Hirschkuh vor das Gewehr.

Sämtliche Bilder und Tonaufnahmen wurden von mir am 5. September 2024 aufgenommen, mit Ausnahme des letzten Bildes.